
Herausforderungen
Tag 36: Die Nacht war erholsam, doch der Tag beginnt schon beim Frühstück mit einer Herausforderung für mich. Dieses „Kontinental-Frühstück“ – was in der Übernachtung inbegriffen ist – fällt nicht so üppig aus wie die Morgenmahlzeiten, die wir bisher hatten. Mein Magen signalisiert am Ende eine gewisse Leere. Nur gut, dass wir am Vorabend Pizza gegessen haben, ich brauche aber trotzdem noch etwas, um über den Tag zu kommen.
Da wir für den kommenden Abend sowieso etwas besorgen wollen, mache ich mich, noch ohne Rucksack, auf den Weg in den nächsten Supermarkt. Die obligatorischen Brötchen und Landjäger sind schnell gefunden und etwas, um die noch vorhandene Leere im Magen zu beseitigen auch.
Obwohl es im ersten Teil der heutigen Etappe eine kaum spürbare Steigung gibt, ist sie schon am Vormittag herausfordernd. Der Weg verläuft fast immer in der prallen Sonne, bei gefühlten über 30°C. Ein Thermometer haben wir ja nicht dabei. So lange es am „Bächli“ entlang ging jedoch auszuhalten, doch dann kommt der Anstieg zum Haggenegg.
Zitat aus dem Wanderführer:
„Hier beginnt einer der schönsten Abschnitte des gesamten Schweizer Jakobsweges: der Aufstieg auf die Haggenegg, die mit 1414m der höchstgelegene Punkt auf dem Jakobsweg nördlich der Pyrenäen ist. Der Weg ist vor allem im ersten Teil stellenweise sehr steil.“

Den letzten Satz kann ich vorbehaltlos unterstreichen, die erste Aussage nicht ganz so. Ich möchte behaupten, wir hatten auf unserem Weg durch die Schweiz weitaus schönere Abschnitte. Aber natürlich sieht das jeder mit anderen Augen. Vielleicht liegt es aber auch an den Umständen, unter denen wir die 400 Höhenmeter auf einer Strecke von circa 3km bewältigt haben.
Gerade in der Mittagshitze nehmen wir mit der Sonne im Rücken den Anstieg in Angriff. Die Herausforderung – vor allem für meine Frau – ist enorm. Gefühlt muss sie alle 20m stehen bleiben, um zu Atem zu kommen. Der Schweiß läuft in Strömen. Selbst die Hosen kleben an den Schenkeln. Jeder noch so kleine Abschnitt, der von Bäumen beschattet wird, ist willkommen.
Dann kommt die Hochalm, kein Schatten mehr, keine Luftbewegung. Von meinen 3 Litern Wasser habe ich nicht mal mehr einen übrig, aber das Wasser hat bisher nur als Schweiß meinen Körper wieder verlassen.
Als wir endlich die steilsten Abschnitte hinter uns haben, kommen wir zu einer Schutzhütte. Unter dem vor der Sonne schützenden Dach sitzt schon ein Pärchen, das mit Hund unterwegs ist und noch ein weiterer Pilger, den wir nicht kennen.
Hier sieht man mir die Anstrengung des Aufstieges gut an:
Platz ist noch genügend, ohne dass man sich auf die Pelle rücken muss, ich frage aber trotzdem:
„Dürfen wir uns zu euch gesellen?“
„Du lässt uns doch sowieso keine Wahl“, kommt es nicht gerade freundlich von dem Pilger zurück.
Holla, was ist dem denn über die Leber gelaufen? Auch wenn ich daher gerne meinen Weg fortsetzen würde, wir brauchen eine Pause.
Die Rucksäcke abgesetzt, suchen wir uns ein Plätzchen an der Seite der Hütte und … kommen dennoch mit dem Knurrhahn ins Gespräch. Wir erfahren, dass er auf dem Pilgerweg nach Rom ist, der am Vierwaldstättersee von unserem Weg abweicht. Sein heutiges Etappenziel ist das Berggasthaus auf dem Haggenegg. Also gar nicht mehr so weit entfernt. Wir müssen ja noch den Berg wieder hinunter, bis nach Brunnen am See.
Dann kommt die Sprache auf Einsiedeln und dass er im Kloster nur mit zwei anderen Pilgern übernachtet hat. Die restlichen Betten wären alle frei gewesen.
Wir sind geschockt und erzählen, was man uns am Telefon mitgeteilt hat. Sollte es möglich sein, dass uns die Unwahrheit gesagt wurde, um ein teures Doppelzimmer zu belegen? Unser Gesprächspartner kann sich das nicht vorstellen, geht eher davon aus, dass einige, die sich angemeldet haben, nicht gekommen sind. Vielleicht wegen der Wärme den Anstieg abgebrochen haben.
Irgendwie gibt es dennoch eine Diskrepanz zwischen den Informationen im Wanderführer und dem, was uns am Telefon mitgeteilt wurde.
Zitat aus dem Wanderführer:
„Das Kloster besitzt kein Gästehaus und es werden auch keine Zimmer vermietet. Für Jakobspilger stehen aber einige wenige Schlafplätze für eine Nacht mit Abendessen und Frühstück zur Verfügung. Ein Schlafplatz kann erst am Ankunftstag reserviert werden …“
Wie passt es dazu, dass uns ein Doppelzimmer angeboten wurde? Wir haben die beistehende Telefonnummer gewählt, die zur Hofpforte gehören soll. Sind wir da vielleicht wo ganz anders gelandet? Etwas, was wir im Nachhinein nicht mehr herausbekommen werden.
Wieso ist uns das nicht gleich aufgefallen? Hmm, vermutlich, weil wir zu sehr vom geschäftigen Drum-Herum in der Herberge gefangen waren.
Der Rompilger scheint ein – salopp ausgedrückt – spezieller Charakter zu sein. Seine Bewertungen und Aussagen können wir in vielen Punkten nicht teilen. Zum Beispiel, was er über das Cursillo-Haus in Oberdischingen sagt, wo er auch übernachtet hat und von der niederländischen Haspitalera betreut wurde.
Wir haben diese Frau als warmherzig und fürsorglich in Erinnerung, er scheint mit ihr nicht so recht klargekommen zu sein. Auch über die Kosten hat er sich sehr echauffiert, obwohl die transparent im Vorfeld dargelegt werden.
Ein Einzelzimmer für Pilger kostet 35 Euro pro Person, plus 7,50 Euro fürs Frühstück und wenn gewünscht 9,50 Euro für ein kaltes Abendessen. Darin inbegriffen, sind Bettwäsche, Handtücher und Wäsche waschen. Unserer Ansicht nach ein fairer Preis.
Er wollte aber ein Doppelzimmer, um 10 Euro zu sparen, obwohl kein weiterer Pilger angekündigt war. Der Doppelzimmerpreis von 25 Euro pro Person gilt aber nur, wenn das Zimmer auch von einem zweiten Pilger belegt wird, sonst der Einzelzimmerpreis. Das steht auf der Website und hat ihm die Hospitalera auch gesagt. Trotzdem hat er, gerade aus diesem Grund, kein gutes Haar an dem Haus gelassen.
Vielleicht war es gut so, dass wir nicht mit ihm im Kloster übernachtet haben. Sollte das auch eine Fügung gewesen sein? Egal, er bricht vor uns auf und wir werden ihn vermutlich auch nicht wieder sehen.
Der letzte Abschnitt des Aufstieges wird etwas stinkig. Ein Landwirt bringt auf den Almwiesen Gülle aus. Also, nicht so wie wir das kennen, mit einem Fahrzeug wo die Gülle knapp über dem Boden ausgegeben wird. Weil das bei der Hanglage vermutlich so nicht geht, ist ein langer Schlauch ausgelegt. Nach meiner Schätzung ein B-Schlauch, wie ihn die Feuerwehr hat, der von einem Traktor ab und zu weitergezogen wird. Am Ende des Schlauches steht ein Mann, der mit einer Spritze im hohen Bogen die Gülle über die Wiese verteilt. Uns stink’s schon im Vorbeigehen gewaltig, wie muss das erst für ihn sein?
Der „gute Duft“ schwebt schon lange vorher in der Luft und begleitet uns auch noch längere Zeit. Also, es ist ja nicht das erste Mal auf unserer Reise, dass wir damit konfrontiert werden. Gülle begleitet uns wie der Kuckuck, der sich beim Bodensee verabschiedet hat, immer wieder einmal. Die hier praktizierte Art ist bei der Verbreitung des Geruches, allerdings viel effektiver.
Erst ein ganzes Stück weiter, als eine leichte Brise über den Pass bis zu uns weht, wird es besser. Der schwache Wind befreit uns nicht nur von der frischen Landluft, er macht auch das Laufen in der Sonne angenehmer.
Was zur Ehrenrettung über die Aussage des Wanderführers noch gesagt werden muss: Ja, es gibt während des Aufstieges Blicke in die Landschaft, die einzigartig sind. Hin zu den zwei Mythen und die dahinter sichtbar werdenden schneebedeckten Gipfel oder dann auf dem Pass in die andere Richtung. Einfach wunderbar! Getrübt wird das bei uns aber immer noch durch den Dunst, der die Weitsicht einschränkt.
Der Pass ist überwunden und es geht im Wald so steil abwärts, wie wir aufgestiegen sind. Ungefähr 900 Höhenmeter müssen wir überwinden, bis wir Schwyz erreichen werden.
Die große Hürde dabei ist der Untergrund. Meist besteht der aus Splitt und Rollkies. Die Füße in Laufrichtung aufsetzen, ist an manchen Stellen gar nicht möglich. Was bin ich froh, dass ich meinen Wanderstab zum Abstützen habe und Sabine ihre Stöcke.
Alles geht gut und wir werden mit einem unglaublichen Panorama belohnt, als wir den Wald verlassen. Rechts sieht man den Lauerzersee, geradeaus den Vierwaldstättersee mit den Städten Schwyz und Ingenbohl davor. Dazwischen die Gipfel von Eintausendern. Leider wieder nur im Dunst die hohen Gipfel linker Hand und hinter dem See.
Dunst, naja, das ist es diesmal nicht allein. Es ziehen dunkle Gewitterwolken auf und es liegt noch einiges vor uns, bis wir unser Ziel, das Kloster Ingenbohl erreichen.
Wieder einmal beschleunigen wir aufs Ende der Etappe zu unseren Schritt. Aber wie das so ist, bei solch weiten Blicken ins Land, man braucht anscheinend noch ewig, bis man den gewünschten Punkt erreicht.
Ach ja und zur schwülen Luft kommt auch noch ein wohlbekannter Duft hinzu. Auch hier wird Gülle ausgebracht. Mit Traktor und auch auf die Art wie wir sie vor kurzem schon kennengelernt haben. Man hofft wohl auf den Regen, der das dann wieder etwas relativiert.
Wir erreichen Schwyz und erstes entferntes Donnergrollen dringt an unser Ohr. Bis zum Kloster sind es noch etwa 3,5km, aber ab dem Bahnhof gibt es eine Busverbindung, die uns schneller ans Ziel bringen könnte. Also schnell jetzt, denn es fährt bald ein Bus ab und wir müssen noch ein Stück laufen bis zum Bahnhof.
An der Haltestelle treffen wir auch eine sehr junge Pilgerin wieder, mit der wir uns schon bei einer Rast ausgetauscht haben. Sie hat angesichts der Gewitterwolken die gleichen Gedanken wie wir und will mit dem Bus bis zum Zeltplatz fahren. Wir wünschen ihr, dass sie es schafft ihr Zelt aufzubauen, bevor der Regen kommt.
Etwa 3km sind es, die wir mit dem Bus überbrücken. Danach nur noch ein kurzer Fußmarsch und eine Überraschung.
Unter einem Kloster stellen wir uns ein historisches Gebäude vor, was wir vorfinden ist aber ein moderner Betonklotz. Das soll das Kloster sein? Wir sind überrascht, doch die Hinweistafeln sind eindeutig.
Die Nachfrage bei der Klosterpforte ist positiv, doch die Unterkünfte für die Pilger sind in einem kleineren Gebäude, an dem wir vorher vorbeigelaufen sind. Also wieder zurück, den Hang etwas hinunter.
Eine ältere Nonne nimmt uns auf und wir bekommen ein Sechsbettzimmer, in dem wir jedoch allein sein werden. Im Raum nebenan sind zwei weitere Pilger untergekommen. Die deutsche Frau ist auf dem Weg nach Rom, der Mann, ein Schweizer, will nach Santiago.
Auch hier ist bei uns erst einmal das Waschen der verschwitzten Kleidung angesagt. Wir nutzen es immer aus, wenn es die Möglichkeit in einer Unterkunft gibt und es soll ja auch alles trocken werden bis zum nächsten Morgen.
Die Pilger aus dem Nebenzimmer sind irgendwohin essen gegangen, wir haben ja unsere Abendmahlzeit seit dem Morgen mit herumgetragen. Während wir dann Tagebuch und Blog schreiben, ziehen draußen die dunklen Wolken ab. Das Gewitter hat uns nur gestreift und es blieb beim Anfeuchten der Straße.
Tag 37: Nach dem Frühstück streben wir drei Pilger dem Fährhafen zu und Überraschung, wir treffen noch mehr. André ist wieder da, wie freuen wir uns. Dazu noch ein Deutscher, zu dem sich der, der mit im Kloster übernachtet hat, gesellt. Sie kennen sich schon von vorherigen Begegnungen.
Die Rompilgerin geht von hier aus einen anderen Weg oder fährt vielleicht auch mit einer Fähre noch ein Stück, weil starke Gewitter gemeldet sind. Sie werden wir also nicht wiedersehen. Mit den anderen fahren wir mit der Fähre bis nach Treib.
Als wir von Board gehen, denken wir an eine Fehlentscheidung. Schwarze Gewitterwolken kommen den See entlang auf uns zu. Hätten wir doch gleich mit der Fähre bis Beckenried fahren sollen?
Zu spät, das Schiff ist weg, jetzt müssen wir durch. André und die beiden Anderen setzen sich schon in Bewegung, wir dackeln hinterher. Deren Schritt können wir auf Dauer nicht mithalten.
Über gemähte und abgeweidete Wiesen geht es leicht bergan. Das Donnergrollen kommt immer näher, wobei erste Tropfen fallen. Sollen wir unser Regencape heraushohlen?
Hm, da vorne kommt ein einzeln stehendes Stall-/Scheunengebäude. Die anderen erreichen es gerade. Glück gehabt, es gibt ein weit überstehendes Dach, wo wir fünf uns gut unterstellen können.
Kaum haben wir den Rucksack abgesetzt, beginnt es straff zu regnen. Das hält auch eine gute dreiviertel Stunde an, bevor die Wolken ihre restliche Last am Hang des Haggenegg abwerfen.
Weiter geht’s in den Wald unterhalb des Steilhanges hinein. Jetzt beginnt der Anstieg auf schmalen Pfaden und Sabine wächst über sich hinaus. Es kommen knifflige Passagen, die zwar durch einfache Geländer gesichert sind, wo es aber rechter Hand steil hinuntergeht. Solche Wege mit schwerem Rucksack zu gehen ist für meine Frau eine große Herausforderung und doch … lässt sie sich kaum etwas anmerken!
Die drei Männer sind etwas schneller, machen aber öfter längere Pausen, wo wir sie dann überholen. So ist es ein stetiges Treffen und manchmal auch kurzes gemeinsames Rasten, wo wir ins Gespräch kommen.
Und wieder einmal erkennen wir, dass viele, die den Jakobsweg gehen, eine Vorgeschichte haben. Auch die beiden Männer haben, beziehungsweise kämpfen mit Krebserkrankungen.
Eine Weggabelung kommt. Ein kürzerer Wanderweg nach Beckenried wird abgehend angezeigt. Ich zeige es Sabine und frage:
„Wollen wir den nehmen?“
„Der ausgeschilderte Jakobsweg geht hier lang“, ist ihre Antwort und sie deutet den Berg hinauf.
Wow, meine Frau wählt die romantische Route. Ich kann es kaum fassen und es folgen noch einige Stellen, wo sie das vielleicht bereut. Verraten tut sie es mir aber nicht.
Geschafft, wir sind wieder in freiem Gelände und auf dem Weg ins Hochtal von Emmetten. Unsere drei Mitpilger haben wir schon vor dem Abzweig aus den Augen verloren und nehmen an, sie sind dem kürzeren Weg gefolgt. Bei der Heiligenkreuzkapelle werden wir aber eines Besseren belehrt. Im Schatten vor dem Gebäude machen sie gerade eine Pause.
„Wir dachten, ihr habt den kürzeren Weg gewählt“, empfängt uns der, der mit uns im Kloster übernachtet hat.
„Das dachten wir von euch auch“, gebe ich lachend zurück.
„André hat gemeint, hier geht der Weg lang und so sind wir ihm gefolgt.“
„Meine Frau hat das auch gesagt, wir sind nur nicht so schnell wie ihr.“
„Und doch habt ihr uns wieder eingeholt“, stellt André fest.
Zu fünft gehen wir weiter, bis die Kirche von Emmetten in Sicht kommt. Die drei wollen sie aufsuchen, vermutlich um ihren Pilgerpass einen weiteren Stempel hinzuzufügen. Unsere sind schon fast voll, obwohl wir jeden Tag nur einen holen und so gehen wir weiter.
Eine Wasserstelle an der Straße. Es ist zwar kein Trinkwasser, aber eine gute Gelegenheit unseren Sonnenschutz aufzufrischen, weil wir danach die Hände waschen können. Sonst ist es an den Stöcken immer eine klebrige Angelegenheit.
Emmetten liegt hinter uns und es geht den Berg wieder runter. Oh ja, es wird zur nächsten Herausforderung für Sabine. Steil ist der Pfad, obwohl er in Serpentinen angelegt ist. Zwischendurch immer wieder endlos erscheinende Treppen. Um die 300 Höhenmeter abwärts bis zum Seeufer zu überwinden, legen wir gerade einmal 1km zurück.
Als wir unter der Autobahn durch sind – die den Berg in einem Tunnel durchquert hat – kann meine Frau kaum noch. Ihr zittern die Knie von den vielen unregelmäßigen Stufen. Für ihre kürzeren Beine waren sie teilweise zu hoch, was die Belastung steigert.
Zum Glück finden wir bald eine Bank, die im Schatten einiger Bäume zur Rast einlädt. Mit Blick aufs Wasser kann sich Sabine erholen, bevor wir den letzten Abschnitt der Tagesetappe in Angriff nehmen.
Der wird leichter, denn es geht, nach Aussage des Wanderführers, fast immer eben dahin bis Buochs. Obwohl unser Tagesziel immer noch circa 7km entfernt ist, sollte das nun keine Herausforderung mehr werden. Denken wir jedenfalls. 😊
Ein Stückchen vor Buochs – wir laufen jetzt direkt am See entlang – erreichen wir eine Badestelle. Die letzte Rast liegt 4km zurück und es wäre an der Zeit, noch eine kurze Pause einzulegen. Sabine denkt sogar an einen schnellen Ausflug ist Wasser. Sie möchte es den vielen Badegästen gleichtun, die diesen heißen Sonntag nutzen, um sich im Wasser abzukühlen. Die meisten von ihnen sind jedoch im hastigen Aufbruch begriffen und auch wir sehen von der Rast ab.
Die dunklen Wolken, die schon seit einiger Zeit auf zwei Seiten an den Berghängen hingen, ziehen jetzt zügig in unsere Richtung. Das Donnergrollen ist schon gut zu hören. Ein Zeichen für uns einen Zahn zuzulegen.
Wir erreichen die ersten Häuser und die ersten Regentropfen uns. Noch ein Schritt schneller. Jetzt fast schon Laufschritt und es zieht sich noch bis zum Gasthof Sternen. Der Regen wird mehr, wir hoffen aber immer noch, ohne Regenschutz das Ziel zu erreichen.
Und geschafft, wir betreten den Gastraum fast trocken und beobachten, wie das Personal die draußen stehenden Pflanzen rettet. Eine von ihnen sprechen wir an und erzählen, wie wir uns beeilt haben, um dem Gewitter zu entgehen und ihre Antwort sagt uns, es war richtig:
„Oh ja, das wird heftig, wenn es so kommt!“
Kaum im Zimmer, bricht es draußen richtig los. Heftige Sturmböen zwingen uns, das Fenster schnell zu schließen. Der Regen peitscht in Wellen auf das Flachdach vor unserem Fenster. Ein bisschen Hagel ist auch dabei.
Wo werden unsere Pilgerfreunde jetzt sein? Sie haben uns nicht mehr überholt. Sind sie vielleicht die Variante gelaufen, die nach Beckenried hinabführt? Der mit uns in Ingenbohl übernachtet hat, wollte sogar noch die über 6km bis Stans laufen. Ob er das bei diesem Wetter durchzieht? Uns haben die 22km bis hier her auf jeden Fall gereicht.